Quo vadis, Twitter?
Ich frage mich, was bei Twitter los ist? Erst die neue API 1.1 so vielen Einschränkungen gegenüber der alten Version und nun wird wahrscheinlich der offizielle Twitter-Client für OS X eingestampft. Zwar hat Mountain Lion eine kleine Twitter-Integration, man kann aber nur Tweets schreiben und wird im Notification Center über Retweets, Erwähnungen und Nachrichten informiert — das war’s.
Die offizielle App wurde zuletzt im Juni 2011 aktualisiert. Nicht mal das neue Logo wurde eingebaut, obwohl es API-Nutzern klar untersagt wird, die alte Grafik weiterhin zu nutzen. Zu guter letzt wird laut einem TechCrunch-Redakteur eine bereits abgeschlossene Anpassung für Retina-Displays nicht mehr ausgeliefert.
Da die neuen API-Richtlinien fremde Apps in den Zugriffen und im Design teils sehr stark einschränken, sieht es für mich so aus, als wolle man die Nutzer zwingen Twitter ausschließlich über die Website zu nutzen. Offenbar ist der Erfolg einigen wohl zu etwas Kopf gestiegen.
Ich bin mir der ganzen Sache nicht sicher, ob es dabei nur um die Werbeeinnahmen über die Website geht, wie es schon öfter spekuliert wurde. Es sieht mehr nach einem beginnenden Kontrollwahn aus. Offenbar glaubt man, dass ein geschlossenes System, wie Apple es schon immer propagiert, besser sei. Dabei macht Twitter vermutlich den gleichen Fehler wie Microsoft mit Windows 8. Weitgehend offene Plattformen in zunehmend unzugängliche Gefüge umzubauen, wird nicht so einfach funktionieren und kann im schlimmsten Fall alles ruinieren.
Bei Apple wusste man schon immer, worauf man sich einlässt und hat auch handfeste Vorteile (iCloud, Abstimmung der Geräte untereinander usw.). Twitter dagegen schottet sich schleichend ab, ohne dass ich als Nutzer irgendeinen Nutzen habe. Im Gegenteil, durch die API-Einschränkungen werde ich Nachteile in Kauf nehmen müssen, da viele Apps nicht mehr den aktuellen Funktionsumfang bieten können.
Es war doch gerade das Angenehme bei Twitter, dass sie bisher eben keine Fürze im Kopf hatten und im Gegensatz zu Facebook, ihre Vorstellungen von der Nutzung ihres Dienstes nicht mit Gewalt durchdrückten. Das gesamte Ökosystem lebt von den diversen Apps. Fast sämtliche Prominente nutzen spezielle Social-Media-Apps, um gleichzeitig mehrere Netzwerke zu versorgen.
So gut die mobile Seite ist, es werden doch überwiegend Apps genutzt. Alleine schon wegen Push-Nachrichten zu neuen Retweets etc.
Mit den ganzen Änderungen dreht sich Twitter womöglich selbst den Hahn ab.
Mag sein bzw. ich hoffe sogar, dass ich mit meiner Interpretation der Vorgänge falsch liege, aber die bisherigen Geschehnisse hinterlassen einen ziemlich fahlen Beigeschmack. Twitter war für mich immer ein gewisser Sympathieträger, weil sie ihre technischen Erkenntnisse mit der Welt teilen (Twitter Engineering Blog, Bootstrap) und bisher nicht dem Größenwahn verfielen …