Wie Ebola auf den Hund gekommen ist – oder warum viele Menschen dumm sind
Verehrte Gemeinde,
nach langer Pause melde ich mich wieder zu Wort und das gleich mit einem saftigen Rant.
Wer die letzten Wochen nicht unter einem Stein verbracht hat, dürfte mitbekommen haben, dass die Ebola-Ausbrüche in West-Afrika langsam aber sicher zu einem globalen Problem werden. Ungefähr 3.500 Tote und 7.500 Infizierte — soweit die offiziellen Zahlen. Die Dunkelziffer dürfte weit höher sein.
Betroffene Staaten wie Liberia, die schon vor der Epidemie bzw. wohl bald Pandemie, in ziemlicher Schräglage waren, befinden sich am Rande des Zusammenbruchs.
Wäre es ein Krieg, würden wir das nun alle während der Tagesschau ganz furchtbar finden, aber zum Großteil einfach ignorieren und nach der Tagesschau irgendeine grenzdebile ARD-Degeto-Produktion anschauen.
Blöderweise ist das aber kein Krieg, sondern das tödlichste Virus, das wir kennen. Panik? Hält sich in Grenzen, zumindest bis Anfang der Woche.
BÄM!
Als dann bekannt wurde, dass sich eine spanische Krankenschwester innerhalb der Isolierstation mit Ebola infiziert hat, wird es für die Hypochonder-Fraktion langsam interessanter.
Nun denken sich einige lieber absurde Theorien über die Infektion der armen Frau, als den wahrscheinlichsten Fall anzunehmen: Shit happens.
Irgendeiner wird halt Mist gebaut haben — passiert jedem mal. Ist mit Ebola natürlich reichlich beschissen, aber wir sind alle nur Menschen.
Soweit, so berechenbar. Aber was dann passierte, lässt mir immer noch die Kinnlade auf den Boden fallen und mich endgültig an der Menschheit zweifeln.
Die Familienangehörigen der Frau wurden unter Quarantäne gestellt und im Falle ihres Hundes hat das zuständige Amt beschlossen ihn sicherheitshalber einzuschläfern.
Innerhalb von 48 Stunden entstand ein Shit-Hurricane samt Unterschriftensammlungen, die inzwischen an die 400.000 Unterzeichner gefunden haben, um den Hund zu retten.
Sind die eigentlich völlig irre?
Es würde mich sehr wundern, wenn in dieser kurzen Zeit so viele Leute ihre Stimme gegen die Schlächter des IS erheben oder zumindest einmal an die Ebola-Opfer in West-Afrika denken würden.
Ganz ehrlich: wer hat euch 400.000 ins Hirn geschissen?
Hunde und auch andere Tiere können sich Ebola infizieren, sie bekommen dabei keine oder kaum Symptome, während sie über Speichel, Kot, Urin und natürlich auch Blut das Virus ausscheiden.
Verdammt noch mal, hat sich einiger von euch Idioten wenigstens einmal über das Virus informiert? Offensichtlich nicht.
Nature Biological Warfare Division proudly presents: Ebola — The Virus
Das Ebola-Virus löst ein hämorrhagisches Fieber aus, das einen innerlich verbluten lässt. Das klingt schon schlimm genug, wenn man sich aber genauere Beschreibungen, insbesondere über den Zaire-Virenstamm durchliest, bekommen selbst Hartgesottene ins Wanken.
Ebola ist maximal 14 Mikrometer lang und besitzt einen Durchmesser von ca. 80 Nanometern. Ziemlich klein, was? Dabei ist es zusammen mit dem Marburg-Virus das größte bekannte Virus seiner Art (RNA-Viren).
Für eine Ansteckung reichen 5 – 15 Viruspartikel aus, da sich Ebola extrem schnell vermehren kann und darüber hinaus fast alle Zellarten befällt.
Die Sterblichkeitsraten schwanken je nach Virusstamm zwischen 50 – 90%. Letztere trifft auf den besonders aggressiven Zaire-Virusstamm zu, der in Einzelfällen Leute innerhalb von vier bis fünf Tagen töten konnte.
Bei den Ausbrüchen in West-Afrika liegt die Sterblichkeit aktuell bei ca. 50 – 60%.
Zum Glück ist Ebola nicht über die Luft übertragbar, aber im Zweifelsfall reicht eine kleine Unachtsamkeit aus, da wie oben genannt, schon kleinste Mengen Viruspartikel zu einer Infektion führen können.
Der Hund stellt in dem Fall ein besonders hohes Risiko da, da er sich unbemerkt infizieren und die Viren verbreiten kann.
Soll man dieses Risiko eingehen? NEIN.
Hätte sich irgendjemand dafür interessiert, wenn es um einen Wellensittich oder ein Kaninchen ging? NEIN.
Stört sich jemand daran, wenn in China mal wieder Tausende Hühner wegen Vogelgrippe vorsorglich getötet werden müssen? NEIN.
Gab es großartige Mitleidsbekundungen oder gar Petitionen, als in Großbritannien Rinder massenweise wegen BSE-Verdacht getötet wurden? NEIN.
Also reißt Euch gefälligst am Riemen. Woanders kämpfen Menschen verzweifelt um ihr Leben, egal ob gegen Viren oder Steinzeit-Islamisten.
Es schert euch 400.000 zum Großteil nur während den Nachrichten und danach einen Dreck, aber ihr regt euch über Stunden bei Facebook und Twitter über eine Seuchenschutzmaßnahme auf.
Fahrt doch mal im Urlaub nach Monrovia, vielleicht kommt ihr dann wieder mit der Realität klar und denkt über eure beschissenen First World Problems nach, bevor sie noch weiter in Extremismus ausarten.
Ende der Durchsage. Wegtreten.
(Ein Großteil der Informationen zum Ebola-Virus in diesem Text stammt aus dem Buch “The Hot Zone” von Richard Preston.)